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Wie geht es Ihnen mit Ihrem Herzen?

Gedanken zur Fastenaktion der Evangelischen Landeskirche

Jetzt ist Halbzeit bei der Fastenzeit. Dieses Jahr ist die große Aktion "Sieben Wochen ohne" ja mal dem Herzen gewidmet. Sieben Wochen ohne Enge sollen wir schaffen, wir sollen uns weiten, vor allem unser Herz. Ein "Großes Herz" sollen wir zeigen. Wie also geht es Ihnen mit Ihrem Herzen? Spüren Sie schon was? Natürlich spürt man es, wenn es soweit ist. Man würde es ja auch spüren, am Herzen zuerst, wenn was Schlimmes und Schlechtes käme und sich der Kummer in uns reinfrisst. Also können wir es auch am und im Herzen spüren, wenn etwas leichter, besser und schöner wird. Wenn sich nichts rührt, ist da auch (noch) nichts.

Mein Alltagsleben ist eher herzlos

Mein Herz spielt in meinem normalen Alltags- und Arbeitsleben keine so arg große Rolle. Ich ignoriere es völlig, etwa so wie meine Füße. Hauptsache, es schlägt, Hauptsache, es trägt. Das ist natürlich kein sorgsamer oder wie heißt das jetzt neu achtsamer Umgang mit mir selbst. Vielleicht ist ein erster Schritt tatsächlich, sich mal mit dem eigenen Herzen zu beschäftigen. Zum Einen als Organ, das mich und meine Lieben sehr besorgt, wenn es mal nicht mehr so mögen würde... Zum Anderen aber schon auch als das manchmal ja auch überstrapazierte Symbol für die Liebe und das Leben. Ich bekenne ich bin oft nicht so warmherzig. Wenn ich mehr aufpasse, im Bus oder im Zug schon und ein bisschen freundlicher in die Welt schaue als ich das sonst tue: Ja, dann mache ich eine tolle Entdeckung! Denn auf einmal schaut die Welt zurück, ganz freundlich! Sie sieht ja so viel besser aus, und tolle Leute sind darinnen. Ein junger Mann, um die zwanzig, der im vollbesetzten Bus aufsteht und nacheinander drei Damen seinen Platz anbietet. Die lehnen alle drei ab, eine steigt gleich wieder aus, zwei haben Angst er könnte sie für alt halten, weil er ihnen den Platz anbietet, hach Gott, wie unsouverän. Warum lächelt keine zurück, setzt sich und sagt einfach nur Danke? Aber der Junge gefällt mir.

Ja ja, jede Frau ist eine Löwin

Ich bekenne ich bin oft hasenherzig. Klar, die moderne Frau ist eine Löwin. Sie kämpft für das Gute in der ganzen Welt, oft erfolgreich. Zuhause immer. Für die Familie, vor allem für ihre Kinder ist die Frau eine Löwin. Da ist frau doch lieber stille, wenn sie keine ist. Wenn sie Angst hat vor allem Möglichen, vor den täglichen Herausforderungen. So viel, dass sie Magenschmerzen oder Kopfschmerzen davon hat. Magendrücken manchmal, das Kopfweh fast immer. Weil sie nachts nicht so gut schlafen kann und wieder grübeln muss - habe ich zuviel gesprochen und erzählt bei der Einladung? Hab ich mich genug gekümmert? Schaffe ich meinen Termin und fällt mir genug ein? War es vielleicht langweilig für die anderen? Werde ich bestehen können? Also zuhause ist die Löwin nicht so toll und hat zumindest Alltagssorgen. Und ab und zu bin ich auch noch feige obendrein. Das kann ich mir dann jahrelang selbst nicht verzeihen.

Ich bin ja so herrlich tolerant!

Die Hasenherzigkeit ist zwar nicht schön, aber vielleicht noch verzeihlich. Angst steckt dahinter, oder im Plural Ängste. Oft sind sie - Gott sei Dank - bei Tag nicht mehr so riesig und erdrückend wie nachts. Aber es geht ja bei diesen Überlegungen auch und gerade um die Engherzigkeit. Ich bekenne, dass mein Herz auch noch eng ist. Und nicht nur mein Herz, sondern vielleicht auch mein vorurteilbelasteter Kopf. Über Männer und Frauen und ihr typisches Verhalten ist da ein reicher Fundus. Über manchen Mitmenschen auch. Ich kann mich prima aufregen, wenn ich sehe, dass mich wer in eine Schublade steckt. Aber wenn ich mich dann heimlich und kleinlaut befrage, "Und was tust eigentlich du? Steckst du sie nicht genauso in Schubladen?", dann muss ich zugeben "Ja, das tue ich besonders gern. Und ich bin auch gut darin. Ganz schnell die Lade auf, die Person rein und ganz schnell die Lade wieder zu!" Oder bin ich nicht wundervoll tolerant und auch noch heimlich stolz drauf? Und wenn ich dann die Ornamentik davon abschlage und mich wirklich ernsthaft prüfe, bin ich dann noch so offen, wie ich vielleicht gerne wäre?

Die Flüchtlinge sind auch ein ernster Prüfstein

Im Moment erleben wir es ja gerade massenhaft durch die Flüchtlinge. Ich bin gar nicht so supertolerant angesichts von nicht hunderten und nicht tausenden sondern hunderttausenden Männern aus dem Süden und aus einem anderen Kulturkreis. Köln hat da wirklich was verändert, das Willkommen fällt nun viel verhaltener aus. Oft ist es auch einfach kein Willkommen mehr. Wir, wir wollten doch den Notopfern helfen. Das wollen wir auch noch. Aber dann erfahren wir in den Medien von Kriminalität und Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Da hört es sich doch ganz auf! Das macht mir schon Sorgen, vor allem wenn ich an nachts im halbleeren Zug und allein an der Station und auf dem Parkplatz denke. An meine Art, wie ich im Bus meine Handtasche halte. Oder an die Mädchen am Badesee, wenn jetzt der Sommer kommt. Und dann hoffe ich doch, es wird anders, wenn wir uns alle ein bisschen besser kennen. Wenn wir uns als Einzelne in unserer gegenseitigen Verantwortung als Mitmensch begegnen. Die Hoffnung habe ich, auch wenn sie verschieden groß ausfällt.

Bei der Familie geht's von ganz allein!

Sieben Wochen soll ich mein Herz weiten. Dazu muss ich mir erstmal bewusst machen: Ja, du hast auch ein Herz! Und dann: Wo ist es eng? Aber dann darf es nicht bei der Bestandsanalyse bleiben, was ja vielleicht auch nicht schön, jedenfalls aber etwas fad wäre. Vielleicht ist es ein bisschen wie beim Nachhausekommen. Wie schön haben wir es, wie wunderbar ist es, mit dir zusammen zu sein. Ohne dich hätte ich es schon bis hierhin überhaupt nicht geschafft und ohne dich würde ich es auch nicht wollen. Das sollte ich dir vielleicht einmal wieder sagen? Zeigen, tun. Was für eine großartige Frau ist meine Schwester, so viel Talent, und eine so gute Hand mit ihrer Famiie! Sie hat bestimmt keine Herzprobleme, und wenn ich sie fragen sollte, guckt sie mich bestimmt groß an und fragt ob mir sonst nichts fehlt. Also bei der Familie oder draußen in der Natur ist es vielleicht am leichtesten, das mit dem Herz. Da weitet es sich von ganz allein. Es schlägt ganz frei! Eine sehr beglückende Erfahrung. Eine Erfahrung, die mich froh macht und die ich teilen möchte. Noch haben wir drei Wochen bis Ostern und können noch weiter über unsere Herzenssachen nachdenken, und wie wir für uns selbst und andere Weite gewinnen. Ich bin mir sicher, die Welt wird besser davon.
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