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„Frauen auf den Sockel!“ - Frauenwahlrecht im Umfeld der Weimarer Republik

Ortsverband: Rothenburg |

Im Augenblick häufen sich die Jahrhundert-Jubiläen: Das Ende des ersten Weltkrieges, die Auflösung des Kaiserreiches, der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die Entstehung der Weimarer Republik, das Bauhaus-Jubiläum und das Wahlrecht für Frauen, über das Dr. Bettina Marquis als Bildungsreferentin des Landesverbandes im DEF aus München im DEF Rothenburg informierte. Es war ein langer Kampf, den zahlreiche Frauen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ausfochten, bis es endlich 1919 soweit war, dass auch den Frauen das aktive und passive Wahlrecht unter gleichen Bedingungen wie den Männern in Deutschland zuerkannt wurde. Als die Frauen zum ersten Mal wählen durften, beteiligten sich gleich 80% an diesen ersten Wahlen. Politikverdrossenheit gab es damals noch nicht. Bei den Auseinandersetzungen und Kämpfen zwischen den Geschlechtern ging es nicht immer ohne Blessuren ab. Manche Frauen landeten im Gefängnis. Selbst kirchliche Organisationen (wie die Frauenorganisation DEF) hielten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg und stellten sich gegen die Forderungen der Frauen. Das Konfliktpotential war riesengroß. Sicher hat die zunehmende Industrialisierung wesentlichen Anteil daran, dass sich Frauen aus der Abhängigkeit vom Mann, aus politisch-sozialer Gängelung und der Niederdrückung im Bildungsangebot befreien, also emanzipieren konnten. Die Erlangung einer gewissen Mündigkeit und Selbstbestimmung ist das wichtigste Ziel einer Demokratie und daher auch für Frauen unentbehrlich. Verschiedene demokratische Staaten hatten schon 40 - 50 Jahre früher als Deutschland die Emanzipation der Frau durchgesetzt. Emanzipation ist das Schlagwort, das mit den Befreiungsaktivitäten der damals kämpfenden Frauen verbunden ist. Sie kämpften, um sich von den traditionsgebundenen  Anschauungen und Gesetzen zu befreien, die sie in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, in der Gesellschaft und Familie niederdrückten und lähmten. Sie fühlten sich dazu berufen, nicht nur das „Heimchen am Herd“ zu spielen, sondern wollten auch aktiv in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft mitwirken, um auf eigenen Beinen stehen zu können. Es war die erste Phase des Aufstands der Frauen, die sich unmittelbar gegen die lange Unterdrückung durch den Mann wandte. Weimar war der erste Tagungsort  der Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, durch die im Februar 1919 das Deutsche Reich als demokratisch-parlamentarische Republik gegründet wurde. Sie entstand durch die Novemberrevolution 1918 und endete 1933 mit dem Prozess der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. In diesem Zusammenhang kommt mir die Reise des DEF-Landesverbandes im vergangenen September in den Sinn, die von Weimar über Leipzig zum Schloss Rochlitz führte und von Inge Gehlert unter dem Motto „Frauen auf den Sockel“ akribisch vorbereitet war. Schon gleich auf dem Platz in Weimar vor dem Nationaltheater neben dem Schiller- und Goethedenkmal wehte uns der Hauch von Geschichte und Vergangenheit um die Nase. Denn im Februar 1919 zogen hier die ersten Frauen ins Deutsche Parlament ein, das nach Weimar verlegt worden war. Die politischen Umwälzungen in Berlin machten es erforderlich, den Regierungssitz in eine kleinere Stadt zu verlegen, um die Parlamentarier durch die Polizei und Ordnungshüter besser schützen zu können.

Es zogen 386 Männer und 37 Frauen aus den verschiedensten politischen Sparten und gesellschaftlichen Schichten als Mitglieder der Nationalversammlung in das Nationaltheater in Weimar ein, das zum Plenarsaal wurde. Die Weimarer Republik war geboren.

Den Abschluss dieser Herbstreise bildete ein Besuch auf Schloss Rochlitz, welches auf einem Felsvorsprung über der Mulde trohnt. Dort erlebten die Mitreisenden die Premiere des Theaterstücks „Es reicht“, das sieben Laienschauspielerinnen der Gruppe „Septem Mulieres“ geschrieben und mit authentischen Texten der damals aktiven Frauen und Kämpferinnen rund um das zu erstreitende Frauenrecht zu neuem Leben erweckten. Die Liste der Frauen ist lang, die sich für die Emanzipation der Frauen ihrer Zeit in Gesellschaft und Politik, für das Wahl- und Stimmrecht, sowie für die Gleichberechtigung der Frau in der Bildung und beim Studium an den Universitäten und Hochschulen einsetzten. Es sind bekannte und weniger bekannte Namen darunter, Schriftstellerinnen, Juristinnen, Aktive aus Politik und Gesellschaft. Vier Frauen möchte ich aus diesem Theaterstück namentlich erwähnen, sie sollen stellvertretend für alle kämpfenden Frauen der Frühzeit stehen: Marie Juchacz, Luise Zietz, Gertrud Bäumer und Anna von Gierke. Ihrem Einsatz haben wir u.a. das Wahlrecht, die Gleichberechtigung, die Gründung des ersten Frauengymnasiums 1893 in Karlsruhe und anderen Orten zu verdanken. Auch die Öffnung der Universität für weibliche Studierende ab 1901 geht auf ihr Konto.

Es sind die vielen kleinen Details, die den großen Zusammenhang bilden und damit unsere Geschichte abbilden. Leider ist es so, dass die Frauenemanzipation noch keineswegs überall vollendet ist. Trotzdem können wir auf die zahlreichen namenlosen und bekannten Kämpferinnen mit Stolz blicken, die so viel erreicht haben. Sie alle hätten es verdient, auf einem Sockel und damit in einer eigenen Walhalla zu stehen.

Agnes Heinitz

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© Foto: privat

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