Buchvorstellung: Lukas Hartmann: Der Sänger
Erstaunlich ist, dass es dem Sohn eines strenggläubigen Rabbiners aus der damals noch deutschsprachigen Bukowina gelingt, weltweit ein Millionenpublikum zu erobern. Doch seine Karriere beginnt zur Unzeit, denn 1933 kommen die Nationalsozialisten an die Macht und treiben Tausende von Juden, auch Künstler und Intellektuelle, in die Emigration. So auch den Tenor Joseph Schmidt. Seit 1938 versucht er, in irgendeinem Land zur Ruhe zu kommen, wie z. B. in Österreich, Belgien oder Frankreich. Doch das Vichy-Regime in Frankreich errichtet Internierungslager für Juden und von dort werden sie in die Konzentrationslager nach Deutschland verbracht. Schmidt gelingt es, aus solch einem Lager zu entkommen. Freunde organisieren Schlepper, die versuchen ihn über die grüne Grenze in die Schweiz zu bringen. Der Bruder einer guten Bekannten bietet an, ihn bei sich aufzunehmen, aber die Schweizer Behörden verweigern das. Sie fürchten Repressalien Deutschlands, wenn sie sich gegenüber jüdischen Flüchtlingen zu aufgeschlossen zeigen. Schmidt wird in ein Auffanglager gebracht; es wird erwartet, dass die Flüchtlinge für ihre erbärmliche Unterbringung und für das karge Essen arbeiten. Zudem herrscht dort eine Eiseskälte. Josef erkrankt schwer an einer Kehlkopfentzündung, zudem leidet er an seinem schwachen Herzen. Der Arzt in der Klinik, der wie viele Schweizer mit dem nationalsozialistischen System Deutschlands sympathisiert, wirft ihm vor ein Simulant zu sein und schickt Schmidt zurück ins Lager. Wenige Tage später stirbt er im Alter von nur 38 Jahren.
Es ist ein anschaulicher und lebendiger Roman über einen großen Künstler. Ein Unterhaltungsroman mit Tiefgang, der durchaus Parallelen zu der Flüchtlingssituation im heutigen Europa aufzeigt.
Lukas Hartmann, Der Sänger (Roman). Diogenes-Verlag, ISBN 978-3-257-07052-1, 22,- Euro (geb., Taschenbuch 13,- Euro)

