Wahrheit, Fake oder Propaganda? Kriegsberichterstattung in den Medien
Ende April widmete sich der Bayreuther Medienkreis dem sehr komplexen Thema.
Katharina Städtler fasst hier die ersten Aspekte zusammen:
„Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd“, sagte schon Otto von Bismarck. Doch noch nie spielte Kriegspropaganda und Desinformation in den Medien eine so große Rolle wie in Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
Das beginnt schon bei der Bezeichnung des Krieges in den deutschen Medien. Sicher – Putins Russland hat die Ukraine angegriffen. Aber inzwischen führt auch die Ukraine Krieg, sonst wäre sie schon längst besiegt und der Angriffskrieg wäre erfolgreich gewesen. Trotzdem ist meistens nicht von einem Krieg oder Konflikt zwischen der Ukraine und Russland die Rede, sondern vom russischen Angriffskrieg. Achten Sie auf die Wortwahl in den Medien!
Beide Länder streuen aber auch gezielt Desinformationen, um die Nachrichten der Gegenseite zu entwerten bzw. um Verunsicherung zu erzeugen. Niemals in den Jahrzehnten, seit ich intensiv die Medien verfolge, hörte ich so oft den Satz „Diese Information kann nicht objektiv überprüft werden“ wie in diesem Krieg. Das ist doch eine starke Aussage! Sie setzt eine alte journalistische Grundregel außer Kraft, nämlich dass eine Nachricht erst als wahr betrachtet werden darf, wenn sie von zwei unabhängigen Berichterstattern bestätigt wurde. Diese doppelte Bestätigung wartet man inzwischen gar nicht mehr ab, man weist nur noch darauf hin, dass man sie nicht bekommen hat.
Es ist also gar nicht möglich, sich ein objektives Bild vom Kriegsgeschehen zu machen. Noch schwieriger ist es, wenn man in die sozialen Medien blickt. Wie die Bilder in diesem Artikel zeigen, hat die Kriegspropaganda dort ihren Höhepunkt erreicht: Unbekannte, selbst ernannte Reporterinnen und Reporter posten Videos auf allen Portalen, angeblich um die „Realität“ zu zeigen, welche um sie herum passiert. Wer kann das schon überprüfen?
Aber auch die Regierungen bedienen sich der sozialen Medien. Sie beauftragen Videos bei sogenannten Spindoktoren, das sind Medien-, Kommunikations- oder Politik-Berater, die mit täglichen Videobotschaften (Arestowych, Ukraine) oder Talkshows (Solowjow, Russland) die eigene Bevölkerung vom Kriegsziel überzeugen und zum Widerstand gegen den Aggressor motivieren wollen. Dabei spielt die „Berichterstattung“ durch die selbst ernannten Reporterinnen und Reporter aus den eigenen Reihen eine große Rolle, denn sie wirkt besonders glaubwürdig.
Erinnern Sie sich noch an das Foto der hochschwangeren Frau, die nach einem Raketenangriff der Russen auf Mariupol aus der Entbindungsklinik gerettet und von männlichen Hilfskräften auf einer Trage durch die Ruinenlandschaft geschleppt wurde? Aufgenommen hat es der Ukrainer Evgeniy Maloletka Anfang März 2022 für die US-amerikanische Nachrichtenagentur AP (Associated Press). Zwei Medienschaffende also, die auf der gleichen Seite stehen. Von russischer Seite hieß es, die Entbindungsstation und das Krankenhaus seien ein Stützpunkt ukrainischer Extremisten. Moskaus Botschafter bei den Vereinten Nationen wies das AP-Bild als „Fake News“ zurück.
Die Jury des internationalen Fotowettbewerbs "World Press Photo" zeichnete übrigens vor Kurzem in Amsterdam das Foto mit dem ersten Preis aus – das letzte Kapitel im Propagandazirkus. Als gäbe es nicht auch andere Themen.
In der nächsten Ausgabe folgt ein zweiter Teil zum Thema „Kriegsberichterstattung in den Medien“.
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