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Ein Wort, gerichtet an "die Fremdlinge in der Zerstreuung"

Ich gebe es zu: Wichtiger als die Jahreslosung ist für mich als im Widder geborene die Losung für den April. Sie ist für mich eine Art persönliches Jahresmotto. In diesem Jahr ist sie ganz besonders ermunternd, ja geradezu adelnd. Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.
(1 Petrusbrief 2,9)
Aber nach dem zweiten Lesen fühle ich auch ein gewisses Unbehagen- auserwählt, königlich, heilig. Soviel Glanz blendet auch. Und haben die ersten Christinnen und Christen sich da nicht etwas angemaßt- Priester zu sein, das auserwählte Volk? Das ist ganz schön dick aufgetragen! Aber denen das zugesagt wird, sind nicht Herrschende und Machthaberinnen, sondern das sind Sklavinnen und Sklaven, Händlerinnen, Matrosen, Handwerker. Es sind Flüchtlinge und Exilantinnen- „an die Fremden in der Zerstreuung“ richtet sich der Petrusbrief. Es sind Heimatlose, Orientierungslose und Einheimische. Es sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, in unterschiedlichen Lebenslagen, unterschiedlicher Hautfarbe und unterschiedlichen Geschlechts. Und die sind auserwählt, ausgerechnet die. Und die sollen einmal im Licht und im Glanz stehen. Nicht ihre Herkunft ist mehr entscheidend, sondern die Zukunft- das, was ihnen von Gott her zukommt. Und das ist die Güte, mit der Gott sie anblickt. Der Petrusbrief richtet sich an Menschen, die als „Fremdlinge“ in Kleinasien leben. In diesen Tagen haben wir dabei Assoziationen von Elend, Schmutz, den Schlamm-Massen in den Lagern an der makedonischen Grenze. Stellen wir uns vor, dass die Worte des Petrusbriefs nach 2000 Jahren auch den dort Gestrandeten gelten, gleich welcher Konfession oder Religion sie sind. Dieser Gedanke mag zynisch klingen- aber für die frühchristlichen Leserinnen und Leser des Petrusbriefes war dieser Zuspruch wohl ebenso überraschend, absurd klingend, undenkbar und damit wunderbar befreiend. Vergessen wir nicht, Menschen mit dem liebenden Blick Gottes zu sehen und aus dieser Perspektive mit ihnen umzugehen, ihnen zu helfen und mit ihnen zu leben. Dann dürfen auch wir unsere eigene Gestalt auf den Goldgrund malen. Dann darf Christentum auch einmal glamourös sein. Das ist dann eine Losung, die nicht nur einen Monat und nicht nur voran stürmenden Widdern gilt. Urte Bejick
Evang. Oberkirchenrat Referat 5 Abt. Diakonie Arbeit und Seelsorge mit älteren Menschen in Einrichtungen der Altenhilfe Quelle: Homepage des DEF Bundesverbands
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