Buchtipp: Elisabeth Hager: Fünf Tage im Mai
Die Autorin schildert Episoden aus dem Leben von Illy ab Mai 1986, da ist das Mädchen gerade mal acht Jahre alt und wächst in einem Dorf in Tirol auf. Wann immer sie mit der Erwachsenwelt nicht klar kommt, geht sie in die Werkstatt ihres Urgroßvaters - er ist zudem der älteste Mann im Ort, ein Original wie man sagt, der zwei Weltkriege erlebt hat und manchmal auch ein Sturkopf sein kann. Hier sieht Illy ihm bei der Arbeit zu, wie er als der letzte Fassbinder Tirols sein Handwerk mit Liebe zum Detail und mit Kenntnis des Materials ausübt.
Beim Zuschauen lässt sich so herrlich erzählen, was auf dem Herzen liegt und auch so manches, was nicht für die Ohren der Eltern bestimmt ist. Gut zuhören kann ihr Großvater und ebenso gut aus seinem eigenen Leben berichten. Aus seinem Erzählen erkennt Illy nebenbei, wie man Stärke gewinnt und wie man lernt, sein Leben zu meistern. Denn auch in Illys Leben läuft nicht immer alles glatt. Das erfahren wir in den fünf Kapiteln dieses Buches, das jedes Mal einen Mai-Tag in ihrem Leben schildert, und wir bekommen auch erzählt, was sich in der Zwischenzeit ereignet, bis das Mädchen schließlich erwachsen ist.
So hören wir von ihrer ersten Liebe zu einem Jungen namens Tristan, dessen Familie im Dorf nicht gut gelitten ist. Dem Urgroßvater kann llly das Geheimnis anvertrauen, bis die Eltern ihr den Umgang mit dem Außenseiter verbieten. Doch eines Tages muss auch sie erkennen, dass sie eine Entscheidung treffen muss. Noch ahnt Illy nicht, auch nicht als sie das Dorf verlässt, dass die Konsequenzen ihres Handels sie ein Leben lang begleiten werden.
Beeindruckend ist die Schilderung dieses bedingungslosen gegenseitigen Vertrauens zwischen Urgroßvater und Urenkelin und auch die Zuneigung zueinander. Der Roman zeigt auf, wie wichtig eine funktionierende Familie ist und wie Vertrauen ins eigene Handeln weitergegeben werden kann. Zudem ist es ein wunderbares Buch für den Sommer.
Verlag Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-96264-2, 20 Euro
Buchtipp von Marianne Jauernig-Revier, Schweinfurt

