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BBC-Krise wirft Schatten auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland

Der Direktor und die Nachrichtenchefin der BBC sind zurückgetreten. Grund: der BBC wird systematische Parteilichkeit und manipulative Berichterstattung vorgeworfen. Auslöser war ein der Zeitung Daily Telegraph zugespielter interner BBC-Bericht, in dem es schwere Vorwürfe gegen die Berichterstattung des Senders gab - vor allem wegen eines Beitrags über Trump im letzten US -Wahlkampf. Es handelt sich um die BBC-Dokumentation „Trump A Second Chance!“

In der unbearbeiteten Aufnahme der Rede sagt Trump an einer Stelle: "Wir werden zum Kapitol marschieren und unsere tapferen Senatoren und Abgeordneten im Kongress anfeuern." Dann sagt Trump mit Blick auf das Wahlergebnis der US-Wahl 2020, es sei etwas schiefgelaufen, das könne nicht sein, "und wir kämpfen, kämpfen wie der Teufel". In der Originalrede liegen die beiden Äußerungen ca. 50 Minuten auseinander, in der BBC-Dokumentation wurden die beiden Sätze direkt aneinandergefügt und es wird damit suggeriert, dass Trump seine Anhänger direkt zum Sturm auf das Kapitol aufgerufen habe. Die BBC hätte dies transparent machen müssen, so ist sie dem Vorwurf der Montage und Verletzung journalistischer Standards ausgesetzt. Trump fordert 1 Mrd. Dollar Schadensersatz vom Sender.

Ein weiterer Vorwurf ist die Berichterstattung über das Leben eines Jungen im Gazastreifen, der in Wahrheit der Sohn eines Hamas-Führers ist, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Diese Fehler in der Berichterstattung werden für massive Angriffe bezüglich einseitiger, linker Berichterstattung und Ideologisierung gegen die BBC benutzt und das hat auch Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hier bei uns. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland nach dem Vorbild der BBC aufgebaut und finanziert sich durch die Rundfunkgebühr und Werbeeinnahmen. Seit einigen Jahren gibt es immer wieder Forderungen nach Abschaffung der Gebühr bis hin zur Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der in populistischen Kreisen gerne als Lügen- oder Lückenpresse bezeichnet wird. Solche Fehler in der Berichterstattung der BBC lassen die Glaubwürdigkeitswerte in die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sinken. Die Krise der BBC ist auch eine Krise der Pressefreiheit.

Die Verteidigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems, wie sie mit dem ‚Public ­Service Media and Public Service Internet Manifesto‘ gerade auch von der internationalen kommunikationswissenschaftlichen Scientific Community betrieben wird, verschließt keinesfalls den Blick auf Fehlentwicklungen und manchen Reformbedarf. Für Deutschland könnte das bedeuten, den ‚Sündenfall‘ zu überdenken, der ARD und ZDF bei der Einführung des kommerziellen Rundfunks in den Wettbewerb getrieben und trotz Grundversorgungsauftrag die Quote zu ihrem Maßstab gemacht hat. Da letztere den Grund für die Gebührenfinanzierung der öffentlich-recht­lichen Sender darstellt, ist mehr als misslich, dass der Auftrag bis heute nicht befriedigend ­definiert ist und in seiner gesell­schaftlichen Relevanz unzureichend öffentlich bewusst gemacht wird“.[1]  

Reformpläne dürfen aber auf keinen Fall denjenigen überlassen werden, die unabhängigen Journalismus abschaffen wollen. 

Sabine Jörk
EAM-Vorsitzende


Zitat von Christina Holtz-Bacha, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Deutsche Gesellschaft für Publizistik und Kommunikation, DGPuK)https://www.dgpuk.de/de/publikationen/debatten/angriffe-auf-oeffentlich-rechtliche-medien/wider-die-angriffe-auf-den

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