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Frauen.Macht.Politik -präsentation, Themen und Wahlverhalten in Deutschland

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Auch mehr als einhundert Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts gibt es hierzulande geschlechtsspezifische Unterschiede mit Blick auf die politische Beteiligung, die Repräsentation in den Parlamenten und damit die Ausübung politischer Macht.

So sind Frauen immer noch in der Politik unterrepräsentiert. Dies hängt sowohl mit dem Wahlsystem zusammen als auch mit den mangelnden Bemühungen der Parteien, Geschlechterparität zu fördern. Diejenigen Frauen, die in den Parlamenten vertreten sind, beschäftigen sich überwiegend mit klassisch "weiblichen" Themen - und ziehen dadurch wieder Wählerinnen an.  

 

Über Frauen als politische Akteurinnen und Wahlberechtigte, aber auch über die oben genannten Punkte haben im Juni 2023 Expertinnen und Experten im Rahmen der Tagung "Frauen.Macht.Politik" in Tutzing diskutiert. Diese Kooperationsveranstaltung der Akademie für Politische Bildung (ApB), des Katholischen Deutschen Frauenbunds Landesverband Bayern e.V. (KDFB) und der Evangelischen Frauen in Bayern (EFB) wurde vom persönlichen Referenten der Akademiedirektorin Jörg Sigmund, der stellvertretenden KDFB-Vorsitzenden Sabine Slawik und für die EFB der Geschäftsführenden Vorständin des Deutschen Evangelischen Frauenbundes Katharina Geiger vorbereitet.

Im Folgenden der Tagungsbericht der Akademie – nachzulesen auf der ApB-Homepage unter https://www.apb-tutzing.de/news/2023-06-21/frauen-politik-repraesentation-partitaet-geschlechterparitaet-wahlverhalten

Frauen und Politik
Frauen sind im Bundestag unterrepräsentiert. Der Frauenanteil unter den Abgeordneten stieg von 30,8 Prozent im Jahr 1998 auf gerade einmal 34,7 Prozent im Jahr 2021. "Frauen machen einen Unterschied, wenn sie in ausreichender Anzahl im Parlament vertreten sind. Je höher ihr Anteil ist, desto mehr werden bestimmte Themen behandelt und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass politische Maßnahmen in diesem Bereich ergriffen werden", sagt Agnes Blome von der Freien Universität Berlin. Auf der Tagung "Frauen. Macht. Politik" der Akademie für Politische Bildung, des Katholischen Deutschen Frauenbunds Landesverband Bayern e.V. und der Evangelischen Frauen in Bayern haben Fachleute über die Repräsentation von Frauen in der Politik, ihre bevorzugten Themen und ihr Wahlverhalten gesprochen.

Die Wirkung des Wahlsystems auf die Repräsentation von Frauen
Bis die Grünen 1983 mit einer paritätischen Liste in den Bundestag einzogen, waren sogar weniger als zehn Prozent der Abgeordneten Frauen. Seit 2002 hat sich der Frauenanteil im Bundestag bei ungefähr einem Drittel stabilisiert. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass in Ländern mit Verhältniswahlsystem die deskriptive Repräsentation von Frauen, also die Vertretung von Frauen in Parlamenten und Regierungen, höher ist als in Ländern mit Mehrheitswahlsystem. Das liegt daran, dass in Verhältniswahlsystemen mehrere Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt werden und das Ziel der Parteien darin besteht, Menschen mit unterschiedlichen Profilen zu nominieren, um verschiedene Wählergruppen anzusprechen, sagt Blome.

In Mehrheitswahlsystemen hingegen konzentrieren sich die Parteien darauf, Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen, die möglichst viele Stimmen gewinnen und ein breites Publikum adressieren. Dies führt häufig dazu, dass durchschnittliche Kandidaten, die oft Männer sind, bevorzugt werden, da Männer in der Politik lange eine dominierende Rolle gespielt haben. In Deutschland beträgt der Frauenanteil unter direkt im Wahlkreis gewählten Abgeordneten im Bundestag seit 1980 knapp 20 Prozent, während der Anteil der über die Listen gewählten Frauen bei 40 Prozent liegt. Demnach gelangen deutlich mehr Frauen über die Zweitstimme in den Deutschen Bundestag als über die Erststimme.

Parteiideologie und Repräsentation von Frauen
Nicht nur das Wahlrechtssystem beeinflusst den Zugang von Frauen zur Politik, sondern auch die Parteiideologie. Forschungen zeigen, dass linke Parteien Frauen häufiger als Kandidatinnen nominieren als rechte Parteien. Demnach nutzen linke Parteien oft höhere Quotenregelungen. Die Linken und Grünen setzen eine Geschlechterquote von 50 Prozent um, während die AfD und FDP keine Regelungen zur Geschlechterparität haben. Im Vergleich dazu hat die SPD ihre eigene vorgenommene Quote von 40 Prozent nicht erreicht. In Sachsen-Anhalt hat sie knapp über 30 Prozent und in NRW nicht einmal 30 Prozent Frauen aufgestellt.

Frauen repräsentieren Frauen
Eine höhere Frauenquote in Parlamenten ermöglicht nicht nur die Repräsentation von Frauen in der Politik, sondern schafft auch eine verstärkte Aufmerksamkeit für spezifische Themen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, politische Maßnahmen in diesen Bereichen zu verwirklichen. Weibliche Abgeordnete zeigen eine besondere Sensibilität für Frauenanliegen und setzen sich verstärkt dafür ein, dass Themen, die Frauen betreffen, auf die politische Agenda gelangen, sagt Blome. Aus theoretischer Perspektive wird der Standpunkt vertreten, dass dies auf gemeinsame Sozialisationserfahrungen von Frauen und Müttern zurückzuführen ist. Parlamentarierinnen sind bestrebt, Themen der Gleichstellung und Familienpolitik in den Fokus zu rücken.

Eine im Jahr 2019 durchgeführte Studie hat das Redeverhalten von Frauen und Männern im Parlament untersucht sowie die Themen, zu denen sie sprachen. Die Forscherinnen wollten herausfinden, ob die Redeverteilung mit dem jeweiligen Geschlechteranteil im Parlament übereinstimmt. In Bezug auf den Zeitraum von 2013 bis 2017, in dem der Frauenanteil im Bundestag bei 32 Prozent lag, stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass auch etwa 32 Prozent der Redeanteile von Frauen stammten. Allerdings waren Frauen, die sich mit politischen Bereichen beschäftigen, die traditionell als "männlich" angesehen werden, wie Finanzen, Außenpolitik und Wirtschaft, signifikant unterrepräsentiert im Vergleich zu Frauen, die sich mit Themen wie Familie, Gleichstellung und Soziales auseinandersetzen.

Das Potenzial der Wählerinnen
Frauen in politischen Ämtern sprechen mit ihren Themen wiederum andere Frauen als Wählerinnen an. Ein Beispiel dafür ist der Erfolg der CDU unter Frauen in der Ära Merkel. Denn Frauen fühlen sich oft von Parteien angezogen, die eine Frau als Spitzenkandidatin haben - auch wenn diese Parteien nicht unbedingt die Werte vertreten, die Frauen bevorzugen.

Während politische Themen früher weniger auf die Bedürfnisse und Interessen von Frauen ausgerichtet waren, erkennen die Parteien zunehmend das Potenzial der Wählerinnen und sprechen ihre Belange in Parteiprogrammen gezielt an. Schließlich stellen Wählerinnen die Hälfte der Wahlberechtigten. Innerhalb der Parteien gibt es zudem Frauenorganisationen, die unabhängig von der Parteispitze versuchen, Frauen als Wählerinnen zu adressieren.

"Heute haben Frauen tendenziell eine eher linke politische Einstellung im Vergleich zu früher", sagt Sarah C. Dingler von der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. In den 1950er Jahren spielte Religion eine bedeutende Rolle bei der Wahlentscheidung. Damals wählten Frauen aufgrund religiöser Werte oft konservativere Parteien wie die CDU oder CSU. Im Jahr 1969 gab es beispielsweise einen Unterschied von zehn Prozentpunkten zwischen männlichen und weiblichen Wählern der CDU. Im Gegensatz dazu war die SPD eher bei männlichen Wählern beliebt. Dies hat sich im Laufe der Zeit verändert. Zum einen sind Frauen heutzutage weniger religiös als früher. Zum anderen hat die Religiosität - selbst wenn Frauen religiös sind - weniger Einfluss auf die Wahlentscheidung.

Das Wahlverhalten von Frauen
Das Wahlverhalten von Frauen wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter auch die Präsentation der Parteien sowie deren Unterstützung von Fraueninteressen und feministische Themen.  Wenn eine Partei Fraueninteressen unterstützt und sich für feministische Themen einsetzt, sendet sie ein Signal an die Wählerinnen, dass sie Fraueninteressen ernst nimmt. Das sind nicht automatisch linke Ansichten. Es ist auch wichtig, dass konservativere Parteien ein konservativeres Frauenbild berücksichtigen und die Stimmen konservativerer Frauen und ihre Werte einbeziehen. Wie für andere Parteien, ist es auch für konservative Parteien wichtig, eine Quotenregelung für Spitzenkandidatinnen einzuführen, um den Frauen zu signalisieren, dass sie und ihre Stimmen willkommen sind und geschätzt werden, sagt Dingler.

Eine erhöhte Präsenz von Frauen im Parlament ist essenziell, um eine gerechtere und ausgewogenere Gesellschaft zu verwirklichen. Je größer ihr Anteil unter den Abgeordneten ist, desto wahrscheinlicher werden positive Veränderungen angestoßen. "Durch verstärkte parteiübergreifende Zusammenarbeit von Frauen wird ihre Kraft und Einflussnahme weiter gestärkt", sagt Blome.

Im Bild:
Vlnr. Katharina Geiger, Sabine Slawik, Jörg Siegmund
Bildquelle: ApB Tutzing
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