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Editorial - def-aktuell 2/2020 - Inge Gehlert

DEF |

Liebe Leserinnen und Leser,

 

wenn Sie in Bayern leben, haben Sie Ihren Stadt- oder Gemeinderat im März neu wählen dürfen. Das war in vielen Kommunen eine wirkliche Herausforderung. Unsere Liste hatte nur 8 Parteien für 44 Stadträte, in München waren es vierzehn Parteien oder muss man schon sagen: Gruppierungen, die sich um 80 Sitze bemühten. Da frage ich mich, braucht jeder Mensch eine eigene Partei, die er wählen kann? Keine(r) kann sich vollständig mit einem Parteiprogramm identifi­zieren, aber muss ich deswegen gleich eine eigene Partei gründen? Alle schimpfen auf die Interessengrup­pen, aber jede(r) bildet seine/ihre eigene Interessen­gruppe. Kompromisse sind nicht vorgesehen. Es gibt nur schwarz oder weiß. Die interessanten Grautöne werden nicht wahrgenommen...

Demokratie funktioniert aber nur mit Kompromissen. Wenn auch jetzt in Zeiten von Corona von der Politik Krisenmanagement verlangt wird. Und nach Anlaufschwierigkeiten haben die Länder zu einem einheitlichen Vorgehen gefunden.

Auch in den Kirchen zeigt sich die Zersplitterung. Die etablierten Kirchen verlieren Mit­glieder, weil viele sich nicht mehr durch Dogmen gängeln lassen wollen. Sie basteln sich ihre eigene Religion aus den verschiedenen Weltanschauungen zusammen; etwas Christentum, ein bisschen Juden­tum, etwas Islam, ein bisschen vom Buddhismus und dazu noch eine Prise Esoterik oder wovon man gerade etwas in den sozialen Medien gehört und gelesen hat. Heute glaube ich dieses, aber morgen habe ich vielleicht schon eine andere Meinung. Keine Ver­pflichtungen, keine Verbindlichkeit, denn ich bin nur mir selbst verantwortlich, alles andere geht mich nichts an. Diese Lebenseinstellung wird jetzt durch das Corona Virus auf den Prüfstand gestellt. Mein Verhalten kann für die Gesundheit der Anderen entscheidend sein. Der Egoismus hat ausgedient. Solidarität ist gefragt. Und das klappt. Junge Menschen kümmern sich um die Älteren, die zur Risikogruppe gehören. Ein Leben ohne aushäusige Zerstreuungen ist mit viel Phantasie machbar. Das Telefon hilft uns Kontakte zu halten, wenn die persönlichen Begegnungen wegfallen. Aber vor allem müssen wir an die denken, deren Existenz durch die Schließungen akut bedroht ist. Der Einzelhandel, das ganze Gastgewerbe,  KünstlerInnen, Theater und Kino – um nur einige zu nennen. Auf deren Sorgen und Nöte aufmerksam zu machen wäre eine Aufgabe für InfluencerInnen.

Denn diese haben große Fangemeinden. Wer sich nicht regelmäßig im Netz tummelt, hört und sieht nicht viel von diesen MeinungsmacherInnen und kann sich auch gar nicht vorstellen, wie viele „Follower“ diese Personen haben. Aber machen wir uns nichts vor. Auch vor fünfzig Jahren gab es „Vorbilder“, Idole, SchauspielerInnen, denen wir ähneln wollten. Dies waren Idole aus einer anderen Welt, die mit unserer Wirklichkeit nichts zu tun hatten, und das wussten wir auch. Anders bei den InfluencerInnen. Sie geben sich aus als das nette Mädchen, die junge Frau von nebenan oder der Junge, mit dem wir die Schulbank gedrückt haben. Dass sie längst unserer Realität ent­schwunden sind, wird nicht wahrgenommen. Sie geben sich als Freundinnen. Solange diese Menschen unser Aussehen, unsere Kleidung unseren Lebensstil beeinflussen wollen, kann das harmlos sein.

Anders ist es mit Meinungsmachern, die uns mit rassis­tischen, antijüdischen oder antiislamischen Ideen ein Weltbild aufzwingen wollen, das menschenverachtend ist. Wenn Hetze und Gewalt in den Chats dominieren, dann ist das nicht mehr harmlos, sondern strafbar. Der Nährboden ist da und wird von Extremisten aller Couleur gedüngt. Dann passieren Taten wie in Kassel, Halle, Hanau, die alle auf die NSU Morde zurück­weisen. Wir alle haben die Augen vor diesem rechten Terror zu lange zugedrückt, die „Ausländer raus“ Rufe als dumme Jungenstreiche abgetan. Deutschland war schon lange vor 2015 ein Einwanderungsland, was die Politik und die Gesellschaft nicht wahrhaben woll­ten. Diese Einwanderung hat unserem Land auch gut getan. Vielfalt ist kein Nachteil in einer globalisierten Welt, aber wir müssen den Menschen, die hier leben, hier geboren sind, auch ein Miteinander anbieten und sie nicht ausgrenzen. Häufig fängt es in der Kita oder Schule an. Kinder mit einem Migrationshinter­grund werden von den anderen nicht zum Geburts­tag eingeladen. Hier müssen wir ansetzen, damit diese Kinder und auch ihre Eltern sich in die Gesell­schaft aufgenommen fühlen. Nur so können wir das Entstehen von Parallelgesellschaften verhindern. Auf­einander zugehen und miteinander reden und leben und nicht ausgrenzen und damit dem anderen seine Menschenwürde absprechen. Sie sind unsere Näch­sten, für die wir unsere Stimme erheben müssen.

Inge Gehlert

 

 

 

 

 

 

 

 

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