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Die neue Öffentlichkeit und die Rolle des Publikums

EAM |

Medientagung in Bayreuth

Zum neunten Mal lud die Evangelische Arbeitsge­meinschaft Medien (EAM) in Kooperation mit der Akademie für politische Bildung Tutzing zu einer Tagung nach Bayreuth ein. Diesmal beschäftigten sich die Teilnehmenden mit dem durch die Digitali­sierung radikalen Strukturwandel der öffentlichen und privaten Kommunikation und den Folgen für die Mediendemokratie. Wie gehabt führten Dr. Michael Schröder und Sabine Jörk durch das Tagungspro­gramm.

 

Prof. Bertram Scheufele (Uni­versität Hohenheim) erläuterte anschaulich, wie wichtig es ist, sich mit Frames und Narrativen auseinanderzusetzen. Der Begriff Framing stammt aus dem englischen „to frame“ (dt. einrahmen) und bedeutet ein­fach ausgedrückt, dass eine Information, in einen be­stimmten Rahmen eingebettet, weiterverbreitet wird und so entsprechend von dem Empfänger interpre­tiert wird. Zum Beispiel: „mein Bauch gehört mir“ versus „Töten von ungeborenen Leben“; oder zur EU-Ost-Erweiterung: „Kosten und Kriminalität“ versus „Demokratiezuwachs“.

 

Bei der Aussage „der Stress unter Schülern nimmt zu“ haben Eltern gleich die Assoziationen Lehrplanüber­frachtung, Lehrermangel, Freizeitmangel bei Schülern.

 

Entscheidend bei Framing ist die Wortwahl, die die Entscheidung beeinflussen kann: So könne der von dem AfD-Politiker Gauland im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus verwendete Begriff „Vogelschiss“ als Einordnung dieser geschichtlichen Ära Assoziationen hervorrufen, die entweder zu einer Ablehnung der AfD oder zu einer Befürwortung füh­ren. Frames funktionieren aber nur dann, wenn sie „im Kopf schon angelegt“ sind. Scheufele zeigte aber auch, wie sie sich in den Medien etablieren, etwa „Dönermorde“ für NSU-Terror, oder „Wählerwillen“ für „Jamaika“ oder „Groko“.Ein Narrativ hingegen ist eine sinnstiftende Erzäh­lung, die darüber entscheidet, wie eine Information beim Empfänger wahrgenommen und interpretiert wird.

Tom Wannenmacher gründete 2011 „Mimikama – Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch“, nachdem er bei Facebook in eine Abofalle geraten war. Mimikama ist ein Kunstwort, entstanden aus der Google-Übersetzung von „gefällt mir“ in Suaheli. Mimikama ist hauptsächlich mit „Zuerst denken – dann klicken“ in Social-Media-Angeboten unter­wegs.

André Wolf (Pressesprecher, Content und Social Media Koordinator von Mimikama) betonte ausdrücklich, dass man den Begriff „Social Media“ nicht mit sozialen Medien übersetzen darf, sondern als ein gesellschaftliches Kon­strukt begreifen muss, in welchem jeder zum Sender und Empfänger von Nachrichten wird, welche wiede­rum sofort Resonanz erfahren. Jeder von uns hat ein digitales Ich, dessen Privatsphäre unbedingt vor Miss­brauch geschützt werden muss. Nur wer möglichst wenig von sich preisgibt, ist zum Beispiel vor Profil­duplikaten geschützt. Auch gilt es, wichtige Rechte im Netz zu beachten wie das Urheberrecht, Nutzungs­recht, Recht am eigenen Bild sowie die Panorama­freiheit (Autos und Kennzeichen auf öffentlichem Grund genießen in Deutschland keinen Schutz).

Starke Passwörter schützen besser als ständiger Passwortwechsel. Bei der sicheren Nutzung von Social Media gilt das zwei-Faktorenprinzip: Hinter­legung eines Passwortes und einer Handynummer (für SMS-Benachrichtigung eines Codes durch den Anbieter), nur so können Dritte ein Social Media-Konto nicht einfach hacken. Allerdings versuchen Betrüger heute, über Phishing an sensible Daten heranzukommen.

 

Challenges, Fauxtire, Clickbaits & Co.:
Aufklärung tut not!

 

Der klassische Kettenbrief hat auch bei Social Media eine hohe Verbreitung: Zum Beispiel die Warnung vor einer Freundschaftsanfrage von „Ute Lehr“, die Warnung vor den Horror-Clowns an Halloween. Besonders bedenklich sind dabei die „Blue Whale Challenge“ oder die „Momo Challenge“ (vorher Theresa Vidalgo), in welchen Jugendliche als letzte Challenge angeblich zum Freitod aufgefordert wer­den. Wichtig: Momo kann bei WhatsApp nicht mit Namen Kontakt aufnehmen, da „sie“ nicht in Kontak­ten gespeichert ist. André Wolf wies ausdrücklich darauf hin, dass es diese Challenges nicht gibt! Hier muss dringend mehr Aufklärung stattfinden, damit diese bewusste Falschmeldung nicht Eltern, Schule, Betreuungseinrichtungen und Kinder in Hysterie ver­setzt!

 

Auch „Fauxtire“ (Falset Satire) - eine Mischung aus Falschmeldung und Satire - ist in Social Media weit verbreitet. Insgesamt haben viele Menschen Pro­bleme, Satire zu erkennen und richtig einzuordnen.

 

Wolf erläuterte anschaulich, was ein „Clickbait“ (Köder) ist, der das Bedürfnis zum Anklicken einer Nachricht auslöst, wie z.B. „Niemand darf die Woh­nung der alten Frau betreten“. Clickbaits arbeiten mit reißerischen Überschriften, Emotionen und sog. Cliff­hangern (es wird eine große Spannung aufgebaut, die hohe Neugier weckt weiterzulesen). Er zeigte auch viele Beispiele für Narrative, wie z.B. das Narrativ für Traditionsverlust „Wintermarkt statt Weihnachts­markt“ oder „Schmunzelhase statt Osterhase“.

 

Achtung Fake News!

 

Der Begriff Fake News (bewusste Falschmeldung, manipulativ, erfunden) wird bei Mimikama erst seit der Präsidentschaft Donald Trumps verwendet. Auch hier zeigte Wolf sehr viele Beispiele zur Veranschau­lichung: „Bürgerkrieg in Schweden“, „Friedhofsschän­dung durch Migranten“, „Austausch von Deutschen durch Afrikaner“, „Organmafia“, gefälschtes BAMF-Plakat. Betrüger nutzen Fake News, um Nutzer auf bestimmte Seiten zu locken. Mittels eines pseudo­redaktionellen Inhalts einer angeblichen Finanz-Site wird man z.B. beim Anklicken auf eine Casino-Site geleitet.

 

Wolf stellte sechs Möglichkeiten des Erkennens von Fake News vor:

 

  1. Eigenen Standpunkt kennen

  2. Wahrnehmung schulen

  3. Wer schreibt?

  4. Inhaltlicher Gegencheck

  5. Bildercheck (z. B. mit Greenshot)

  6. Experten fragen!

 

Insgesamt leistete Wolf drei Stunden sehr gute Auf­klärung, vor allem durch seine vielen praktischen Bei­spiele zur Veranschaulichung.

 

Zum Schluss diskutierten drei Journalisten über ihre veränderte Rolle und die neue Rolle des Publikums. Mathias Wagner (Mittelbayerische Zeitung, Regens­burg) erklärte, dass heutzutage Journalisten sowohl Print als auch Digital beherrschen müssen. Die Trennung der Redaktionen wurde dort 2016 abge­schafft. Zu jedem digitalen Beitrag gibt es auch sofort immer einen Kommentar. Aufgrund schwindender Abozahlen sei man gezwungen, neue Verkaufsmo­delle zu finden; man denke auch über die Personali­sierung von Nachrichten nach.

Gudrun Riedl (stellvertretende Leiterin BR24, Müchen) berichtete, dass die Trimedialität zu einer krassen Ver­änderung ihrer Arbeit führte. Heute sind Twitter, aber auch Alexa oder TikTok wichtige Informationsquellen; dennoch folge man immer noch dem Zwei-Quellen-Prinzip, um glaubwürdig zu bleiben. Viele Kommen­tare fallen unter „Hate Speech“. Um Hassnachrichten auszufiltern, setze man auch künstliche Intelligenz (Conversario) ein. Auch BR24 arbeitet schon lange mit der Möglichkeit, als Nutzer personalisierte Infor­mationen zu bekommen.

 

Peter Engelbrecht(Nordbayerischer Kurier, Bayreuth) kämpft zusätzlich noch mit dem Problem des flächen­deckenden Internetempfangs. Einig war man sich, dass die Möglichkeit, in direkten Dialog mit den Nutzern zu gehen, als Chance zu sehen ist, gleich­zeitig jedoch viele eigentlich kompetente Menschen sich aus Angst vor den digitalen Medien nicht in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und somit das Feld den Radikalen überlassen.

 

Das online basierte Quiz zur Mediendemokratie (ein­gestellt von Dr. Michael Schröder auf der Plattform Kahoot) gewann sehr zur Freude der EAM Luitgard Herrmann! Katharina Geiger erreichte den zweiten Platz! Gratulation an Beide!

 

Sabine Jörk, EAM-Vorsitzende

 

 

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