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Büchertipps von Marianne Jauernig-Revier

DEF |

Judith Kuckart: Café der Unsichtbaren

Die geniale Idee der Autorin, sieben ehrenamtliche Mitarbeiter eines Berliner Sorgentelefons zu skizzieren, gibt ihr die Gelegenheit, Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten zu Wort kommen zu lassen.

Erzählt werden die Geschehnisse von der fast achtzigjährigen, klugen Frau von Schley, die in der Gruppe oft als Coach fungiert. Vorgestellt werden die Mitarbeiter und auch die Anrufer eines Berliner Sorgentelefons. Mit im Team der Ehrenamtlichen ist z. B. ein pensionierter Radioredakteur, ein junger Bauarbeiter, eine Buchhalterin und Wanda, die ein Museum für typische Objekte aus der DDR errichten und pflegen will. Doch die Hauptperson ist die junge Rieke, sie ist Theologiestudentin und hofft, durch ihre Arbeit am Sorgentelefon Tipps und Inspiration für ihre Übungspredigten und auch für die Gemeindearbeit zu bekommen.

Erzählt wird von diesen Menschen, die an den Osterfeiertagen Dienst tun, auch über ihre Gedanken, über ihre Hoffnungen und Wünsche, denn kaum ein Mensch geht ohne Schrammen durchs Leben. Doch die Kommunikation ist nicht einseitig, wir erfahren auch einiges über die Anrufer, das sind z. B. Depressive oder auch Größenwahnsinnige, die anrufen. Sie wollen gehört werden, sie wollen Antworten, weil sie nicht mehr weiterwissen. Andere Anrufer aber wünschen nur zu plaudern, sie möchten einfach die schlaflose Nacht überstehen und der Einsamkeit entrinnen.

Der Titel des Buches kommt von der jungen Theologin, die sich für ihre Übungspredigt Tische in einem „Café der Unsichtbaren“ ausdenkt, an denen die verschiedensten Menschen sitzen, es sind meist die Abgehängten unserer Gesellschaft. Rieke geht gedanklich von Tisch zu Tisch, an denen sie sich nun Personen mit ihren Problemen vorstellt, die sie zum Teil auch vom Sorgentelefon her kennt. Die Autorin weiß, wovon sie spricht, denn auch sie arbeitete einst als Ehrenamtliche bei einem Sorgentelefon, bevor sie als Choreografin, Regisseurin und Literatin Erfolg hatte. Sie vertritt die Meinung: Das Helfen hilft auch denen, die helfen.

Das Buch überzeugt durch seinen leisen Humor und gibt Einblick in verschiedene Lebensbereiche.

DuMont-Verlag, ISBN 978-3-8321-8156-7,  23 Euro

Katharina Adler: Iglhaut

Was für ein seltsamer Titel für ein Buch, was soll er denn bedeuten? Doch das Rätsel löst sich rasch: Es ist der Familienname einer jungen Frau, die im Hinterhof eines Münchener Mietshauses ihre Schreinerwerkstatt betreibt. Die starke, stachelige und freiheitsliebende Iglhaut wird ohne eigenes Zutun und definitiv gegen ihren Willen zum Zentrum nachbarschaftlichen Miteinanders. Der geniale Trick der Autorin ist, dass sie somit die Möglichkeit erhält, neben der Hauptfigur auch die Menschen der ganzen Nachbarschaft zu porträtieren.

Iglhaut, wie der Name symbolisiert -  harte Schale weicher Kern, entwickelt die größte Strahlkraft, denn sie ist eine Frau mit Ecken und Kanten. An ihrer Werkstatt, in der sie hämmert und klopft, müssen alle Mieter vorbei und einige nutzen das für eine kurze Pause, für einen kleinen Plausch. Vielleicht reden die Mitbewohner so gerne mit der Nachbarin, weil diese zuhört, ohne neugierig zu sein. Iglhaut ist nach außen schroff, im Kern aber warmherzig. Stets überlegt sie, wie sie ihren Mitbewohnern behilflich sein kann, und so vertrauen ihr die Menschen. Alle kommen zu ihr mit ihren Wünschen, Nöten und natürlich auch mit Klatschgeschichten.

Es sind meist Menschen mit zu wenig Geld und ohne soziales Prestige, die den Roman bevölkern. Da ist Valeria, eine Kassiererin im Supermarkt, die mit ihrer Tochter in einer viel zu kleinen Einzimmerwohnung lebt. Oder Uli, der gerne Kreuzworträtsel löst und so eine Reise nach Ägypten gewinnt, die Igelhaut dann antreten muss, da er sich diese nicht zutraut. Oder die Zenkers, die stets Krach haben, bis die Frau den Mann aus der gemeinsamen Wohnung wirft; und auch da findet die pfiffige Iglhaut eine Lösung. Ebenso eine Autorin, der nichts mehr Interessantes für einen neuen Roman einfallen will, bewohnt das illustre Haus. Das alles wird mit Witz und Esprit erzählt, das Tempo der Texte bestimmen schlagfertige Dialoge.

Ein Jahr lang dürfen wir die eigenwillige Kunstschreinerin begleiten, die stets um den Zusammenhalt der Nachbarschaft bemüht ist. Beim Lesen kommt man diesen Menschen so nahe, als würde man selbst in dem Haus wohnen und auf das nächste schöne Hausgemeinschaftsfest unter dem Kirschbaum warten.

Rowohlt Verlag, ISBN 978-3-498-00256-5, 23 Euro

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